„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*22.12.1924 (Dresden) | † 29.10.2010 (Weilburg)

Benno von Heynitz

Benno von Heynitz, Foto von der Haftkarteikarte, BArch, DO 1/92908

Anklage: „Sozialdemokratismus“


Der gebürtige Dresdner wuchs als Sohn des promovierten Juristen Aurel von Heynitz und Ilse von Wuthenau zusammen mit seinem drei Jahre älteren Bruder Wichard auf dem Rittergut Weicha bei Bautzen auf. Wegen ihrer antinationalsozialistischen Einstellung wurde die Familie 1935 faktisch enteignet. Der Vater starb im März 1938, den geistig leicht behinderten Wichard ermordeten die Nationalsozialisten am 8. Mai 1941 in der Landesanstalt Pirna-Sonnenstein. Benno von Heynitz begann, ausländische Sender abzuhören, von gegnerischen Flugzeugen abgeworfene Flugblätter zu sammeln und oppositionelle Kettenbriefe weiterzuverbreiten. Im September 1942 meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht, in der er als Unteroffizier diente. Während eines Einsatzes erlitt er eine schwere Lungenverletzung.

Im Mai 1945 kehrte Benno von Heynitz nach Weicha zurück und arbeitete zunächst als Knecht. Nach dem Besuch eines achtmonatigen Neulehrerkurses unterrichtete er ab 1. September 1946 in der Volksschule von Baruth bei Bautzen.

Bereits im Juli 1945 war er in die LDP eingetreten, um den demokratischen Neuaufbau aktiv mitzugestalten. Er gründete einen Ortsverein in Gröditz bei Bautzen und übernahm dessen Vorsitz. Schon bald erkannte er, dass die Besatzungsmacht und die deutschen Kommunisten in der sowjetischen Besatzungszone eine neue Diktatur errichteten. Diese Einsicht war vor allem Ergebnis der erzwungenen Vereinigung von SPD und KPD sowie von Fälschungen bei den Gemeindewahlen am 1. September 1946 in Gröditz. Benno von Heynitz setzte sich für eine selbstständige SPD in der SBZ ein und nahm Kontakt zu West-Berliner Sozialdemokraten auf. In der Folge scharte er drei Mitstreiter um sich. Gemeinsam begannen sie, im August 1947 mehrere tausend Flugblätter, Broschüren und Plakate zu verteilen, auf denen die Wiederzulassung der SPD in der SBZ gefordert wurde.

Nachdem einer der Mitstreiter auf frischer Tat durch eine Polizeistreife ertappt und zwei weitere verhaftet worden waren, flüchtete Benno von Heynitz nach West-Berlin. Dort unterrichtete er die SPD über die Verhaftungen. Er beging anschließend jedoch den Fehler, eine Cousine in Potsdam aufzusuchen, die bereits überwacht wurde. Bei ihr wurde er am Vormittag des 23. August 1947 verhaftet.

Nach knapp dreimonatiger Untersuchungshaft bei der K 5 und der sowjetischen Geheimpolizei in Bautzen und Dresden verurteilte das Militärtribunal der Sowjetischen Militäradministration des Landes Sachsen den 22-Jährigen am 20. November 1947 am Münchner Platz in Dresden auf der Grundlage von Artikel 58-10, Abschnitt 2 und Artikel 58-11 StGB der RSFSR zu 25 Jahren Haft in einem „Besserungsarbeitslager“. Mit ihm wurden auch seine Mitstreiter Peter Cremer, Paul Wukasch und Hellmut Wenke abgeurteilt.

Die Haftstrafe verbüßte Benno von Heynitz im Speziallager Bautzen, in den DDR-Strafvollzugsanstalten Bautzen, Brandenburg-Görden und Luckau sowie im Haftarbeitslager X Berlin-Hohenschönhausen. Am 31. Mai 1956 wurde er nach fast neunjähriger Haft entlassen.

Anschließend siedelte er in die Bundesrepublik über. Im März 1957 schloss er einen Lehrgang für Spätheimkehrer mit dem Abitur ab. Danach studierte er Rechtswissenschaften, im April 1967 legte er die zweite Staatsprüfung ab. Von 1967 bis zu seiner Pensionierung 1986 war er Ministerialbeamter beim Hessischen Minister für Bundesangelegenheiten.

Nachdem sich Benno von Heynitz am 30. Oktober 1989 bei einem Besuch in Leipzig an der Montagsdemonstration beteiligt hatte, stieß er nach der Maueröffnung die Gründung eines Verbandes der ehemaligen Bautzen-Häftlinge an, die am 31. März 1990 in die Gründung des Bautzen-Komitees mündete.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Benno von Heynitz am 9. August 1996 als Opfer politischer Repressionen. In einem Gutachten heißt es zur Begründung, in der Strafakte befänden sich keine Beweise für seine Schuld.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • BArch Berlin, DO 1/92908; DO1/32.0/39728, Bl. 259
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 5ug-1160-96
  • Justizvollzugsanstalt Brandenburg, 1969/Br.
  • Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 9409, op. 1, d. 196
  • Zentralarchiv des FSB (ZA FSB), P-9311

Veröffentlichungen

  • Silke Klewin/Mike Schmeitzner, Anklage: "Sozialdemokratismus". Der Fall Benno von Heynitz, in: Andreas Hilger/Mike Schmeitzner/Ute Schmidt (Hg.), Sowjetische Militärtribunale Band 2. Die Verurteilung deutscher Zivilisten 1945-1955, Köln 2003, S. 417-437
  • Susanne Hattig/Silke Klewin/Cornelia Liebold/Jörg Morré, Geschichte des Speziallagers Bautzen 1945-1956. Katalog zur Ausstellung, Dresden 2004, S. 226 ff