„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*17.1.1931 (Dresden) | † 4.11.2009 (Dresden)

Heinz Albert

Heinz Albert, Fotografie aus der Untersuchungsakte, RGWA

Zu 25 Jahren Haft in Workuta begnadigt


Heinz Albert wuchs in Dresden-Löbtau auf. Sein Vater war städtischer Angestellter. Durch den alliierten Luftangriff am 13. und 14. Februar 1945 wurde die Familie ausgebombt und zog nach Coswig. Heinz Albert absolvierte nach Kriegsende eine Ausbildung zum Klempner.

Während seiner Ausbildungszeit arbeitete er sowohl in Gebäuden der Landesregierung als auch in Privathaushalten verschiedener sächsischer Regierungsbeamter. Die sich ihm dabei offenbarende Kluft zwischen öffentlichem Auftreten und privaten Lebensverhältnissen der Partei- und Staatsfunktionäre weckten in Heinz Albert und seinem Cousin Gerhard Kümmel den Wunsch, etwas gegen eine sich abzeichnende neue Diktatur zu unternehmen. Mithilfe eines Stempelkastens und gehorteten Schreibpapiers stellten beide Flugblätter her, die sie nachts in Dresdner Vororten in die Briefkästen warfen. Für die Verteilung gewannen sie weitere Mitstreiter. Die Verhaftung von Hermann Flade und das 1950 gegen ihn verhängte Todesurteil verstärkten den Wunsch, aktiven Widerstand gegen das System zu leisten. Deshalb besuchte Albert im April 1951 die KgU in West-Berlin, die ihn unter dem Decknamen "Albatros" und seine Gruppe unter dem Decknamen „Tertia“ führte und umfangreich mit Flugblättern und anderem Propagandamaterial belieferte. Die Gruppe ermittelte für die KgU zudem die Namen von Verhafteten im Kreis Meißen. Von der KgU gewünschte Sabotageakte, wie das Platzieren sogenannter Reifentöter vor sowjetischen Kasernen, lehnten sie nach eigenem Bekunden ab.

Durch den Verrat von KgU-Mitarbeitern wurde Heinz Albert, damals ledig, am 17. September 1951 abends in seiner Wohnung in Coswig von Angehörigen der sowjetischen Sicherheitsorgane und der DDR-Staatssicherheit verhaftet. Gemeinsam mit 20 anderen Männern aus Dresden und dem Umland, die ihm nicht alle bekannt waren, wurde er in das Gefängnis der sowjetischen Geheimpolizei an der Bautzner Straße in Dresden überführt. Seine Mitstreiter bei den Flugblattverteilungen, die nicht bei der KgU registriert waren, wurden nicht verhaftet.

Nach einem halben Jahr Untersuchungshaft verurteilte ihn das Militärtribunal der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (Feldpostnummer 48240) nach mehrtägigem Prozess am 21. März 1952 gemeinsam mit seinem Cousin und 19 weiteren Angeklagten im sowjetischen Untersuchungsgefängnis an der Bautzner Straße in Dresden auf Grundlage der Artikel 58-6, Abschnitt 1, Artikel 58-10, Abschnitt 2, Artikel 58-11 sowie der Artikel 19-58-8 und 19-58-9 des StGB der RSFSR zum Tod durch Erschießen. Sechs weitere Todesurteile wurden verhängt, auch gegen seinen Cousin, der später hingerichtet wurde. Die anderen Angeklagten wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Laut Ermittlungsunterlagen wurde Heinz Albert vorgeworfen, gemeinsam mit anderen Flugblätter verfasst und verteilt zu haben. Außerdem soll er dem KgU-Mitarbeiter Kurt Baitz (Deckname Schubert) Informationen über den Abtransport von Kunstleder als Reparationsgut in die UdSSR, Berichte über die Stimmung in der Bevölkerung und Namen sowie Adressen von SED-Funktionären übergeben haben. Er habe zudem zeitweise entzündliche Ampullen für Sabotageakte und eine Pistole besessen.

Nach der Verurteilung wurde Heinz Albert in das Moskauer Butyrka-Gefängnis verbracht. Dort erfuhr er später, dass seinem Gnadengesuch am 12. Juli 1952 stattgegeben und die Todesstrafe durch eine Haftstrafe von 25 Jahren in einem „Besserungsarbeitslager“ ersetzt worden war. Diese verbüßte Heinz Albert in den Sonderlagern Workuta (RetschLag), Inta (MinLag) und Suchobeswodnoje (UnschLag). Über Fürstenwalde wurde er am 15. Oktober 1955 in die DDR entlassen.

Heinz Albert kehrte nach Coswig zurück und arbeitete bis 1991 als Kraftfahrer. 1990 engagierte er sich in der SPD und wurde als Abgeordneter in den Kreistag des Landkreises Dresden-Land gewählt.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • BArch Koblenz, B 289/SA 482/220-171/18/1; B 289/SA 237/18/1; B 289/OA 4/1481
  • BArch Koblenz, B 305/19394
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 5uw-40419-51
  • RGWA, f. 461, d. 198176
  • Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 7523, op. 76a, d. 99
  • Zentralarchiv des FSB (ZA FSB), P-1159

Veröffentlichungen

  • Enrico Heitzer, "Affäre Walter". Die vergessene Verhaftungswelle, Berlin 2008, S. 165 ff.
  • Zeitzeugen-Projekt 1997-1999. Erfahrungen mit politischer Haft in der SBZ und DDR. Übersicht der Video-Interviews, Der Sächsische Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Dresden 2004, S. 4 f