„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*9.11.1905 (Dresden) | † 27.5.1964 (Braunschweig)

Irene Hempel

Irene Hempel, Fotografie von Haftkarteikarte Hoheneck, StA Chemnitz 30461 Nr. 79a
Irene Hempel, Haftkarteikarte Hoheneck Vorderseite, StA Chemnitz 30461 Nr. 79a
Irene Hempel, Haftkarteikarte Hoheneck Rückseite, StA Chemnitz 30461 Nr. 79b
Irene Hempel, Porträtfotografie, undatiert, Privatbesitz
Irene und Alfred Hempel, undatiert, Privatbesitz

Gemeinsam mit dem Ehemann verurteilt


Irene Zieger wuchs als älteste Tochter des Bäckermeisters Bruno Zieger und dessen Ehefrau Frida gemeinsam mit ihren vier Geschwistern in einem evangelisch-lutherisch geprägten, musischen Elternhaus in Dresden auf. Sie spielte Klavier und Laute und absolvierte eine Ausbildung zur Kindergärtnerin. Am 18. Oktober 1930 heiratete sie den Fernmeldeingenieur Alfred Hempel. Das Paar bekam sechs Kinder.

Laut familiärer Überlieferung überredete einer der Brüder, der inzwischen in der amerikanischen Besatzungszone lebte, sowohl Irene und ihren Ehemann als auch die jüngere Schwester Liselotte, sie war verwitwet und hatte fünf Kinder zu versorgen, zur Spionage. Sie sollten Kennzeichen sowjetischer Militärfahrzeuge notieren und per Kurier übermitteln. In ihrer finanziellen Notlage willigten alle drei ein.

Am 28. Mai 1947 wurden Irene und Alfred Hempel in ihrer Dresdner Wohnung und Liselotte Otto in ihrer Wohnung in Kummersdorf von Angehörigen der sowjetischen Sicherheitsorgane verhaftet und in das Dresdner Gefängnis der sowjetischen Geheimpolizei am Münchner Platz überführt. Die Kinder wussten lange nicht, wohin die Eltern gebracht worden waren. Nach mehr als einem Jahr und acht Monaten Untersuchungshaft verurteilte das Militärtribunal der Sowjetischen Militäradministration des Landes Sachsen Irene Hempel gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrer Schwester sowie 17 weiteren Angeklagten nach zweitägigem Prozess am 11. Februar 1949 in Dresden auf der Grundlage von Artikel 58-6, Abschnitt 1 (Spionage) und Artikel 58-11 (konterrevolutionäre Gruppenbildung) des StGB der RSFSR zu 25 Jahren Haft in einem „Besserungsarbeitslager“.

Laut Urteil wurde der Gruppe vorgeworfen, von 1946 bis Juni 1947 Spionageinformationen militärischen, wirtschaftlichen und politischen Charakters gesammelt und über einen Kontaktagenten an den amerikanischen Geheimdienst weitergegeben zu haben.

Die Haftstrafe verbüßte Irene Hempel im Speziallager Sachsenhausen und in der DDR-Strafvollzugsanstalt Hoheneck. Am 30. Juli 1956 wurde sie nach Hause entlassen. Ihre beiden ältesten Kinder (13 und 16 Jahre alt) hatten unter Vormundschaft zu Hause wohnen bleiben dürfen, die jüngeren (3, 4, 7 und 10 Jahre alt) waren bis zur Entlassung der Eltern zunächst in einem Kinderheim und später in der Verwandtschaft und bei Pflegeeltern untergebracht worden. Nachdem im Oktober 1956 auch ihr Mann aus der Haft entlassen worden war, flüchtete sie mit ihm und drei Kindern in die Bundesrepublik. Die beiden ältesten Kinder waren bereits verheiratet, eines studierte. In Braunschweig bauten sie sich eine neue Existenz auf. Irene Hempel verstarb nach kurzer schwerer Krankheit am 27. Mai 1964 in Braunschweig.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Irene Hempel am 22. Juni 1995 als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • Archiv für Christlich-Demokratische Politik (ACDP), Bestand Exil-CDU, 03-013-730
  • BArch Berlin, DO1/32.0/39721
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 5ud-460-94
  • Staatsarchiv Chemnitz (SächsStA-C), 30461, StVA Hoheneck, Gefangenenkartei
  • Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 9409, op. 1, d. 458
  • Zentralarchiv des FSB (ZA FSB), P-1621