„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*19.3.1893 (Tomaschow (heute Tomaszów Mazowiecki, Polen)) | † 6.4.1956 (Bautzen I)

Paul Zauder

Paul Zauder, Porträtfotografie, ca. 1948, Privatbesitz
Paul Zauder, Zeichnung von Karl Holtz, 27. April 1950, Privatbesitz

Kontakte zu früheren Geschäftspartnern wurden ihm zum Verhängnis


Paul Zauder wuchs in Tomaschow (heute Tomaszów Mazowiecki, Polen) und Łódź auf. Er absolvierte die mittlere Reife und begann eine Ausbildung zum kaufmännischen Angestellten in der Firma „Prowodnik“ in Łódź. Nach Abschluss der Ausbildung übernahm er Aufgaben sowohl als Korrespondent als auch als Buchhalter und arbeitete bis 1914 im Verkauf. Nach vier Jahren als Hauptbuchhalter im kommunalen Elektrizitätswerk Łódź gründete er 1921 eine eigene Firma für den Vertrieb von elektrotechnischen Geräten. Da er nicht wehrfähig war, diente er nicht im Krieg. Er war von 1942 bis 1944 NSDAP-Mitglied und trat nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDP) ein. Paul Zauder war verheiratet und Vater einer Tochter und eines Sohnes.

1945 wurde die Familie aus Łódź vertrieben und siedelte nach Zwickau um. Paul Zauder fand eine einjährige Anstellung als Übersetzer im Elektrizitätswerk und in der Industrie- und Handelskammer. Von 1946 an bis zu seiner Festnahme war er Produktionsleiter der Fabrik „Kunststoffwerke Zwickau“, seine Ehefrau Ella war im gleichen Betrieb beschäftigt.

Am 24. Juni 1949 wurde Paul Zauder in Zwickau von sowjetischen Sicherheitsorganen verhaftet. Später verlegte man ihn in das Gefängnis der sowjetischen Geheimpolizei in Dresden. Nach fünf Monaten Untersuchungshaft verurteilte ihn das Militärtribunal der 1. Garde-Mechanisierten Armee (Feldpostnummer 08640) am 30. November 1949 in Dresden gemeinsam mit Werner Falk und Kurt Gustav Schimmel auf der Grundlage von Artikel 58-6, Abschnitt 1 (Spionage) des StGB der RSFSR zu 25 Jahren Haft in einem „Besserungsarbeitslager“. Hintergrund der Verurteilung bildeten Treffen mit ehemaligen Geschäftspartnern, unter anderem mit dem früheren kaufmännischen Angestellten der Firma „Louis Blumer – Chemische Fabrik für Appreturpräparate“, Kurt von Mende, der nach der Umwandlung der Firma in einen Staatsbetrieb (VEB) in den Westen geflohen war. Vermittelt durch den technischen Leiter der Firma „Louis Blumer“, Werner Falk, traf sich Paul Zauder in Berlin mit Kurt von Mende, um über den Verkauf von Kunststoffen in den Westen zu verhandeln. Hierbei soll er auch Anleitungen zur Herstellung der Kunststoffe übergeben haben. Kurt von Mende soll ihn bei einem Treffen außerdem gebeten haben, Informationen über die Industrie in der SBZ zu sammeln, um diese seinem Bruder, der für den englischen Geheimdienst arbeite, übergeben zu können. Nach anfänglichem Zögern habe er, so Paul Zauder in einem Verhör, dem Drängen Mendes nachgegeben, und vermittelt über den früheren Mitarbeiter der Firma „Louis Blumer“, Kurt Gustav Schimmel, berichtet, dass die „Schumannwerke“ in Werdau militärische Aggregate in die Sowjetunion lieferten, und zwar zu einem Verkaufspreis von 35 Prozent ihrer Kosten.

Die Haftstrafe verbüßte Paul Zauder im Speziallager Bautzen und in der DDR-Strafvollzugsanstalt Bautzen. Am 6. April 1956 um 14 Uhr verstarb er dort an Kreislaufversagen. Nach der Einäscherung wurde die Urne zunächst in der Strafvollzugsanstalt Bautzen aufbewahrt. Die Bitte von Ella Zauder um Freigabe der Urne nach Zwickau wurde am 20. Juni 1956 abschlägig beschieden. Am 27. November 1956 wurde die Urne von der Strafvollzugsanstalt Bautzen an den Friedhof Görlitz überführt. Nach der gescheiterten Zustellung an die frühere Wohnadresse in Zwickau – Ella Zauder war mit den Kindern nach Westdeutschland verzogen – wurde sie mit anderen in einer früheren Gruft auf dem Görlitzer Friedhof anonym verscharrt. Dort wurden sie erst 1995 nach einer Probebohrung wieder aufgefunden. Nach der Einweihung der Gräberstätte auf dem Karnickelberg an der JVA Bautzen wurden die sterblichen Überreste dort würdig bestattet und die Namen auf zwei Gedenksteinen festgehalten.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Paul Zauder am 31. Juli 2001 als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • BArch Berlin, DO1/32.0/39721
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 7ud-47937-50
  • Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 9409, op. 1, d. 190