„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*14.1.1926 (Leipzig) | † 25.6.1949 (Bautzen (Speziallager))

Werner Ihmels

Werner Ihmels, Porträtfotografie, Universitätsarchiv Leipzig (UAL), FS N03131

Seine christlichen Überzeugungen führten ihn in die Opposition


Werner Ihmels entstammte einer alten, evangelisch-lutherischen Theologenfamilie und war von einem tiefen christlichen Glauben geprägt. Sein Vater war der Direktor der Evangelisch-Lutherischen Mission in Leipzig. In seiner Jugend während des „Dritten Reichs“ engagierte sich Ihmels in der illegalen kirchlichen Jugendarbeit. Nach seinem Abitur 1944 erhielt er die Zulassung für ein Theologiestudium an der Universität Leipzig, das er jedoch aufgrund der Einberufung zum Wehrdienst zunächst nicht antreten konnte. Das Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte Ihmels in amerikanischer Kriegsgefangenschaft.

Nach seiner Entlassung aus dieser beteiligte er sich sofort wieder aktiv an der kirchlichen Jugendarbeit in und um Leipzig. In Sehlis bei Leipzig gab er Bibelunterricht und leitete einen Literaturzirkel. Im Februar 1946 konnte er sein Theologiestudium an der Universität Leipzig beginnen. Kurz darauf trat Ihmels der CDU bei und im März 1946 der FDJ. In der FDJ-Landesleitung Sachsen nahm er in der Folgezeit die Funktion eines Verbindungsmanns zwischen der evangelisch-lutherischen Landeskirchenleitung und der staatlichen Jugendorganisation ein.

Zunächst von den Zielen der FDJ als freie, demokratische Jugendorganisation überzeugt, entfremdete er sich von dieser, als Kommunisten unter der Leitung von Erich Honecker zunehmend die Kontrolle übernahmen. Seine wachsende kritische Einstellung an den „Demokratisierungsprozessen“ unter sowjetischer Ägide fand unter anderem Ausdruck in öffentlichen kritischen Stellungnahmen. Den politischen Entwicklungen immer mehr überdrüssig und durch die Dreifachbelastung mit Studium, kirchlicher Jugendarbeit und FDJ-Tätigkeit zunehmend überarbeitet, betrieb er den Wechsel zur Universität Tübingen, von der er schließlich zugelassen wurde.

Den Westalliierten wollte Ihmels ein Bild der Entwicklungen und der wirtschaftlich prekären Situation der Bevölkerung in der SBZ infolge der sowjetischen Wirtschaftspolitik vermitteln. Für dieses Vorhaben gewann er Horst Krüger, Wolfgang Weinoldt, Else Mertins und Manfred Gerlach, den späteren LDPD-Vorsitzenden und letzten Staatsratsvorsitzenden der DDR. Gerlach verriet jedoch das Vorhaben, sodass Ihmels am 11. September 1947, als er nach Tübingen abreisen wollte, auf dem Leipziger Hauptbahnhof verhaftet wurde.

Ihmels wurde in die sowjetische Untersuchungshaftanstalt am Münchner Platz in Dresden überführt, wo er gemeinsam mit Krüger und Weinoldt am 2. Dezember 1947 vor Gericht stand. Das SMT des Landes Sachsen verurteilte ihn auf Grundlage der Artikel 58-6, Abschnitt 1 (Spionage) und Artikel 58-11 (Bildung einer illegalen Organisation) des StGB der RSFSR zu 25 Jahren Haft in einem „Besserungsarbeitslager“. Gemäß Urteil wurde den Angeklagten die Übermittlung politischer, militärischer und wirtschaftlicher Informationen, darunter über sowjetische Demontagen, an den amerikanischen Geheimdienst vorgeworfen.

Am 1. April 1948 wurden Ihmels und seine Mitverurteilten in das sowjetische Speziallager Bautzen verlegt. Lange Phasen der Haft konnten sie gemeinsam verbringen. Hierbei war Ihmels trotz des Verbots solcher Tätigkeiten seelsorgerisch für Häftlinge tätig, auch während er schon an Tuberkulose litt. Zu Pfingsten 1949 gelang es ihm, eine Nachricht mit Haftdauer und seinem angeschlagenen Gesundheitszustand an seine Familie übermitteln zu lassen. Kurz darauf verschlechterte sich sein Gesundheitszustand jedoch rapide, sodass er in den Krankentrakt des Speziallagers verlegt wurde, wo er am 25. Juni 1949 infolge einer exsudativen Lungentuberkulose verstarb.

Werner Ihmels wurde am 28. April 1995 von der Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation als Opfer politischer Repressionen rehabilitiert. Zur Begründung heißt es, die gesammelten Informationen hätten nicht den Charakter von Staatsgeheimnissen gehabt, sondern seien allgemein bekannt gewesen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, K-512387; 5ud-567-95
  • Universitätsarchiv Leipzig (UAL), FS N03131

Veröffentlichungen

  • Folkert Ihmels, "Im Räderwerk zweier Diktaturen". Werner Ihmels 1926-1949, Dresden 1998
  • Horst Krüger, Begegnung mit Werner Ihmels - In Memoriam Werner Ihmels zu seinem 75. Geburtstag, hg. von Klaus-Dieter Müller, Dresden 2001
  • Klaus-Dieter Müller, Annäherungen an einen unbekannten Haftort. Der Münchner Platz als Haft- und Gerichtsort der sowjetischen Geheimpolizei 1945-1950, in: Norbert Haase/Birgit Sack (Hg.), Münchner Platz, Dresden. Die Strafjustiz der Diktaturen und der historische Ort, 2001, S. 172-198, insbes. S. 190-193
  • Klaus-Rüdiger Mai, Der kurze Sommer der Freiheit. Wie aus der DDR eine Diktatur wurde, Freiburg/Basel/Wien 2023, S. 58-65