„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*16.8.1914 (Reichenbach (Vogtland)) | † 9.5.1952 (Moskau (Gefängnis Butyrskaja))

Werner Rahm

Werner Rahm, Fotografie aus der Akte des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes, BArch, R 9361-II/1038909

Als Kopf einer KgU-Widerstandsgruppe im Vogtland zum Tode verurteilt


Der gebürtige Reichenbacher entstammte einer Handwerkerfamilie. Er studierte Wirtschaftswissenschaften in Leipzig und schloss das Studium 1939 als Diplom-Volkswirt ab. Seit dem 1. Mai 1937 war Rahm Mitglied der NSDAP. Während des Zweiten Weltkrieges diente er von 1939 bis 1945 als Unteroffizier in der Wehrmacht. Infolge einer Verwundung seines rechten Fußes galt er als zu 50 Prozent schwerbeschädigt. Rahm war seit dem 20. Juni 1944 mit der Schneiderin Hilde Rahm verheiratet, die Ehe blieb kinderlos.

Nach Kriegsende trat er 1946 der LDP bei. Seit 1946 führte er den Ortsverein von Reichenbach, später war er hauptamtlicher Geschäftsführer des LDP-Kreisvorstandes Reichenbach. In dieser Eigenschaft bemühte er sich um die Organisation von Veranstaltungen und warb um Redner. Außerdem sind teils kritische Beiträge an die Parteipresse („Sächsisches Tageblatt“) von ihm überliefert.

Am 8. September 1951 um 4 Uhr wurde Werner Rahm während eines Erholungsurlaubs im Ferienheim „Kottenheide“ der LDP in Schöneck/Vogtland durch Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit verhaftet. Später war er im Dresdner MGB-Gefängnis Bautzner Straße inhaftiert.

Nach fast fünfmonatiger Untersuchungshaft verurteilte ihn das Militärtribunal der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (Feldpostnummer 48240) am 28. Januar 1952 in Dresden zusammen mit fünf Mitstreitern auf der Grundlage von Artikel 58-6, Abschnitt 1, Artikel 58-10, Abschnitt 2 sowie Artikel 58-11 des StGB der RSFSR zum Tod durch Erschießen. Ihm wurde vorgeworfen, im September 1950 Verbindung mit dem KgU-Agenten „REINHOLD“ hergestellt und von diesem 1 000 antidemokratische Flugblätter mit einem Aufruf zum Boykott der Volkskammerwahlen erhalten zu haben. Die Flugblätter wurden anschließend durch den Mitverurteilten Rudolf Wappler verteilt. Im November 1950 sollen beide nach West-Berlin gefahren sein und dort den KgU-Mitarbeiter Hanfried Hiecke („WALTHER“) getroffen haben. In der Folge soll Rahm diesem Informationen über den SAG-Betrieb „Fichtel & Sachs“, über Tankstellen, über Hochspannungsleitungen und Umspannwerke und über Deutsche, die mit der DDR-Staatssicherheit zusammenarbeiteten, übermittelt haben. Nach einem Bericht der KgU leitete Werner Rahm eine Gruppe mit dem Decknamen „Lotte“ mit insgesamt 31 Mitgliedern. Die Gruppe half auch Menschen bei ihrer Flucht über die Grenze nach Bayern.

Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR lehnte die Begnadigung von Werner Rahm am 5. Mai 1952 ab. Das Todesurteil wurde am 9. Mai 1952 im Butyrka-Gefängnis in Moskau vollstreckt. Ein Massengrab auf dem Friedhof Donskoje in Moskau wurde zur letzten Ruhestätte.

Seine Frau Hilde, die aus der gemeinsamen Wohnung ausgewiesen wurde und in einer Poliklinik arbeitete, wandte sich nach der Verhaftung in mehreren Schreiben an den Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck, erhielt von dort jedoch keine Antwort und flüchtete schließlich nach Westdeutschland. Dort wandte sie sich an die KgU, die sie in den folgenden Jahren finanziell und mit Ratschlägen unterstützte. Am 5. Juni 1962 erhielt sie über das Rote Kreuz der Sowjetunion die Mitteilung, dass ihr Mann fälschlicherweise am 9. Mai 1954 verstorben sei.

Die Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitierte Werner Rahm am 21. Februar 1996 als Opfer politischer Repressionen.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • Archiv des Liberalismus (AdL), LDPD KV Plauen; LDPD OG Reichenbach; FDP-Ostbüro
  • BArch (Bundesarchiv), R 9361-IX-Kartei/33650313; R 9361-II/1038909
  • BArch Berlin, DP 1/23997; DP 1/30330; DO 1/110662; DO 1/15809
  • BArch Koblenz, B 289, OA 703/29; B 289, OA 703/30; B 289, SA 51/51-19/1
  • BArch Koblenz, B 305/24333
  • Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF), f. 7523, op. 76a, d. 88
  • Universitätsarchiv Leipzig (UAL), Quaestur 00199163; 00199164; 158573

Veröffentlichungen

  • "Erschossen in Moskau ..." Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953, hrsg. von Arsenij Roginskij, Frank Drauschke und Anna Kaminsky, 3. Auflage, Berlin 2008, S. 355
  • Enrico Heitzer, "Affäre Walter". Die vergessene Verhaftungswelle, Berlin 2008, S. 94 f