„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

*23.1.1882 (Cotta bei Dresden) | † 29.10.1970 (Dresden)

Willy Berthold

Willy Berthold, Privatbesitz Frank Berthold

Der Dresdner Anwalt war Mitbegründer der liberalen Partei in Sachsen


Der Sohn eines Gärtners studierte nach Ablegung der Reifeprüfung an der Universität Leipzig Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft. Am 1. Juli 1911 wurde er beim Landgericht Dresden und beim Amtsgericht Großenhain als Rechtsanwalt zugelassen. Im Mai 1923 gab er seine Zulassung in Großenhain auf und siedelte nach Dresden über, wo er im August desselben Jahres zum Notar bestellt wurde. Zwischen 1923 und 1930 war Dr. Willy Berthold Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP).

Während der nationalsozialistischen Diktatur wirkte er in Dresden als Rechtsanwalt und Notar. Er gehörte niemals der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen an und war nicht an der Unrechtsjustiz beteiligt. Nachdem seine Kanzlei durch den Bombenangriff am 13. Februar 1945 zerstört worden war, richtete er ein Büro in seinem Haus in Dresden-Loschwitz ein.

Am 6. Juli 1945 gehörte Dr. Willy Berthold zu den Mitbegründern der Demokratischen Partei Deutschlands, die am 15. August 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht als Landesverband Sachsen der Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDP) zugelassen wurde. Im Sommer 1946 wurde vor dem Landgericht Dresden im Zusammenhang mit einem Prozess gegen einen Mandanten gegen ihn Anklage wegen Beihilfe zur Wirtschaftssabotage und zum Verstoß gegen den Befehl 124 der SMAD erhoben. Zu einer Verurteilung kam es jedoch nicht.

Am 3. September 1947 wurde Dr. Willy Berthold festgenommen und in das sowjetische Untersuchungsgefängnis am Münchner Platz in Dresden eingeliefert. In der nach 19 Monaten Untersuchungshaft am 28. April 1949 bestätigten Anklageschrift wurde ihm vorgeworfen, Mitglied einer Untergrund-Spionagegruppe gewesen zu sein. Er habe dem Anführer dieser Gruppe Material über die Beziehungen zwischen der LDP und dem Demokratischen Frauenbund Deutschlands (DFD) sowie Listen deutscher Vereine, die von der sowjetischen Besatzungsmacht aufgelöst worden waren, übergeben. In der Anklageschrift sind neben ihm acht weitere Personen genannt; ob sie tatsächlich alle miteinander in Verbindung standen, ist unsicher. Einige von ihnen waren journalistisch für Westberliner Zeitungen tätig. Auch wenn der konkrete Hintergrund der Verhaftung unklar bleibt, so ist doch zu vermuten, dass die Verfolgung im Zusammenhang mit der Bekämpfung von bürgerlichen Gegnern der Errichtung der kommunistischen Diktatur stand.

Am 6. August 1949 verurteilte die Sonderberatung beim Minister für Staatssicherheit der UdSSR Dr. Willy Berthold nach Art. 58-6 Teil 1 (Spionage) und Art. 58-11 (Gruppenbildung) StGB der RSFSR zu zehn Jahren „Besserungsarbeitslager“. Am 22./23. September 1949 wurde er in das sowjetische Speziallager Oranienburg-Sachsenhausen überführt und am 25. oder 26. November 1949 von dort in das Durchgangsgefängnis Orscha deportiert. Hier stufte ihn ein Gefängnisarzt am 16. Januar 1950 als dauerhaft arbeitsunfähig ein. Anschließend wurde er in das Besserungsarbeitslager Jawas, Kreis Subowa Poljana, Teil des Lagerkomplexes Dubrawlag in der Mordwinischen ASSR, verlegt.

Willy Bertholds Ehefrau blieb über die Gründe, die zur Verhaftung ihres Mannes führten sowie über seinen Verbleib im Unklaren, vermutete aber von Beginn an politische Motive.

Am 10. Oktober 1955 wurde Dr. Willy Berthold vorfristig in die DDR entlassen. Er kehrte im Alter von 73 Jahren körperlich gezeichnet, doch seelisch ungebrochen zu seiner Familie in Dresden zurück. Von seinen Lagererfahrungen berichtete er nur gelegentlich, beispielsweise über die befreiende Wirkung von Weihnachtsliedern oder die Selbstmorde von Kameraden. Er blieb politisch interessiert und ein leidenschaftlicher Verfechter der Demokratie, hörte jeden Abend die Acht-Uhr-Nachrichten des in der DDR verbotenen Londoner Rundfunks, wurde selbst aber nicht mehr politisch aktiv.

Dr. Willy Berthold starb am 29. Oktober 1970 in Dresden.

Weitere Dokumente

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Quellen

  • Archiv des Liberalismus (AdL), L5-261; L5-265; LN4-78
  • Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, 7ud-79619-47
  • Hauptstaatsarchiv Dresden (SächsStA-D), 13733, Nr. 503
  • RGWA, f. 461, d. 195625