Seit seiner Eröffnung im Jahr 1907 bis 1956/57 wurde der Gebäudekomplex am früheren Sitz des Dresdner Landgerichts, der auch eine Untersuchungshaftanstalt und eine Hinrichtungsstätte umfasste, als Gerichts- und Haftort sowie zur Vollstreckung von Todesurteilen genutzt. Ihre über den nationalen Rahmen hinausweisende Bedeutung als Erinnerungsort erhält die am historischen Ort eingerichtete Gedenkstätte durch die fast 900 früheren tschechoslowakische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger unter den insgesamt 1 330 Hingerichteten im Nationalsozialismus. Mehrheitlich wurden sie am Münchner Platz vom Volksgerichtshof verurteilt, der einen Teil seiner Sitzungen im Schwurgerichtssaal des Dresdner Landgerichts abhielt.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges nutzte die sowjetische Geheimpolizei den Haft- und Verwaltungstrakt als Durchgangs- und Untersuchungsgefängnis sowie als Tagungsort für ein Militärtribunal. Parallel waren im Gerichtsgebäude sächsische Justizbehörden untergebracht. Für das mit dem Münchner Platz gekoppelte DDR-Unrecht ist die Nutzung des Ortes als erste zentrale Hinrichtungsstätte des SED-Regimes zwischen 1952 und 1956 hervorzuheben, als 66 Menschen mit dem Fallbeil exekutiert wurden. Das Justizgebäude am Münchner Platz ist zudem mit der Aufarbeitung von NS-Tötungsverbrechen in der unmittelbaren Nachkriegszeit verbunden.
Für weitere Informationen zur Nutzung des Justizkomplexes während des Nationalsozialismus:
und in der SBZ/DDR:
Der Gebäudekomplex am Münchner Platz unter sowjetischer Besatzung (1945-1950)
Über die Nutzung des Ortes durch die sowjetische Geheimpolizei als Haftort und für die Durchführung von Verfahren vor Sowjetischen Militärtribunale (SMT) ist aufgrund der Quellenlage vergleichsweise wenig bekannt. Auch Erschießungen auf dem Gelände infolge eines von einem SMT ausgesprochenen Todesurteils können nicht ausgeschlossen werden.
Bomben zerstörten am Ende des Zweiten Weltkrieges drei Viertel der Haftanstalt auf der George-Bähr-Straße. Lediglich der Nordflügel war soweit intakt, dass die Besatzungsmacht ihn als Untersuchungshaftanstalt und Durchgangsgefängnis nutzen konnte. Die sowjetische Geheimpolizei hielt an diesem Ort anfangs viele Menschen wegen ihrer Funktion in der NSDAP oder in einer ihrer Organisationen gefangen. Ohne Urteil wurden die Verhafteten von hier aus in ein sowjetisches Speziallager überstellt. Hinzu kamen Menschen, die hier oder anderswo vor ein SMT gestellt werden sollten.
Zusammen mit dem Gefängnis in der Bautzner Straße in Dresden entwickelte sich der Münchner Platz zur zentralen Untersuchungshaftanstalt für Sachsen. Sie wurde von den sogenannten Inneren Truppen der Geheimpolizei bewacht. In Leipzig, Bautzen, Chemnitz und Zwickau bestanden weitere größere Untersuchungsgefängnisse. In der unmittelbaren Nachkriegszeit kamen die Verhafteten häufig zunächst in Keller von Amts- oder Wohnhäusern, in Villen oder Kasernen, die als provisorische Gefängnisse dienten.
Die individuelle Verweildauer der Gefangenen am Münchner Platz reichte von wenigen Tagen oder Wochen bis zu mehreren Jahren. Je nach Stand des Verfahrens und Zeitpunkt der Inhaftierung variierte auch die Zellenunterbringung. Während einige Gefangenen von wochenlanger Einzelhaft berichten, waren andere Häftlinge mit einem Dutzend Mitgefangener auf engem Raum zusammengepfercht. Die Gefangenen waren von der Außenwelt fast völlig isoliert, die an den vergitterten Zellenfenstern angebrachten Sichtblenden ließen nur durch einen kleinen Spalt Tageslicht hinein. Kontakte mit ihren Angehörigen waren den Häftlingen ebenso untersagt wie eine seelsorgerische Betreuung. Die meisten Gefangenen litten wegen der völlig unzureichenden Kost ständig Hunger, wobei sich gegen Ende des Jahres 1949 die Verpflegung wohl verbesserte. Ebenso ungenügend waren die hygienischen Zustände und die medizinische Versorgung. Physische und psychische Gewalt erlitten diejenigen Häftlinge, die am Münchner Platz den fast immer nächtlichen Dauerverhören im angrenzenden Untersuchungsflügel ausgesetzt waren. Im März 1951 wurde die Untersuchungshaftanstalt von der sächsischen Justiz übernommen.
Tagungsort Sowjetischer Militärtribunale
Zwischen 1945 und 1953 wurden bis zu 3 000 deutschen Zivilistinnen und Zivilisten von sowjetischen Militärtribunalen in Dresden verurteilt. Die Verhandlungen der SMT am Münchner Platz fanden in einem Nebengebäude der eigentlichen Haftanstalt statt, wahrscheinlich im früheren Verwaltungsbau (heute Tillich-Bau der TU Dresden). Andere Verurteilungen erfolgten in dem ebenfalls von der Besatzungsmacht konfiszierten Heidehof auf der Bautzner Straße. Die letzte bekannte Verhandlung eines Sowjetischen Militärtribunals am Münchner Platz fand am 28. Juni 1950 gegen Horst-Günther Schakat statt. Wie viele oppositionelle Jugendliche wurde auch er der „konterrevolutionären Propaganda“ schuldig befunden.
Sterben und Tod
Aufgrund der Quellenlage lässt sich Sterben und Tod am Münchner Platz während der sowjetischen Besatzung nicht näher quantifizieren. Die Exekutionen durch Erschießen wurden bis Mai 1947, als der Oberste Sowjet der UdSSR sie per Dekret abschaffte, laut den wenigen überlieferten Angaben im „Raum Dresden“ vorgenommen. Bis wohin sich dieser „Raum“ zu welcher Zeit erstreckte, ist unbekannt. Für Vollstreckungen am Münchner Platz selbst gibt es keine archivalischen Belege. Wie viele Menschen an den Folgen von Unterernährung, Krankheit und Misshandlung im Dresdner Gefängnis starben, muss offenbleiben.
Einer der wenigen Hinweise zum Sterben am Münchner Platz führt zum Friedhof Dresden-Coschütz. Angaben des damaligen Friedhofmeisters zufolge lieferte die Besatzungsmacht zwischen Oktober 1945 und Juli 1948 95 Häftlingsleichen an, die teilweise Spuren von Erschießungen aufwiesen. Da das Wachpersonal von sowjetischen Speziallagern verstorbene Gefangene regelmäßig in Massengräbern in unmittelbarer Nähe verscharrte, scheint eine anonyme Beisetzung auch auf dem Friedhof Coschütz nicht unwahrscheinlich.
Erinnern und Gedenken
Ende der 1950er-Jahre übernahm die damalige Technische Hochschule, die heutige Technische Universität Dresden, die Bauten und ließ sie für Lehr- und Lernzwecke umbauen. Ein kleinerer Teil um die Hinrichtungsstätte im Hof des Landgerichts (heute Georg-Schumann-Bau) wurde Gedenkstätte. Am 7. November 1995 wurde die Plastik „Namenlos - Ohne Gesicht“ des Bildhauers Wieland Förster im Nordosthof eingeweiht, um der zu Unrecht Verfolgten nach 1945 zu gedenken. Im Zentrum der Forschungs- und Vermittlungsarbeit der Gedenkstätte steht heute die Instrumentalisierung der Justiz für politisch-ideologische Zwecke und zur Absicherung staatlicher Macht während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, ebenso der sowjetischen Besatzungszeit und der frühen DDR.
Literatur
zur Nutzung des Münchner Platzes durch die sowjetische Besatzungsmacht:
Klaus-Dieter Müller, Annäherungen an einen unbekannten Haftort. Der Münchner Platz als Haft- und Gerichtsort der sowjetischen Geheimpolizei 1945–1950, in: Norbert Haase/Birgit Sack (Hg.), Münchner Platz, Dresden. Die Strafjustiz der Diktaturen und der historische Ort, herausgegeben von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer Politischer Gewaltherrschaft, Leipzig 2001 (= Schriftenreihe der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer Politischer Gewaltherrschaft, Band 7), S. 172–198.
Birgit Sack/Gerald Hacke, Verurteilt. Inhaftiert. Hingerichtet. Politische Justiz in Dresden 1933–1945, 1945–1957, Dresden 2016 (= Schriftenreihe der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer Politischer Gewaltherrschaft, Band 15), S. 212–271.
Website der Gedenkstätte Münchner Platz Dresden: http://www.muenchner-platz-dresden.de/