*5.11.1917 (München) | † 24.4.1951 (Moskau (Gefängnis Butyrskaja))
Albert Stegerer
Zwischen Dachau und Butyrka
... wurde ich wegen illegaler Arbeit (...) von einem faschistischen Gericht abgeurteilt zu 7 Monaten Gefängnis und anschließend ins Konzentrationslager gebracht …
An den Vorsitzenden des Obersten Sowjet
der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
Gnadengesuch!
Am 23.1.1951 wurde ich, Albert Stegerer, vom Sowjetischen Militärgericht in Dresden zum Tode durch Erschießen verurteilt.
Ich war angeklagt nach Paragraf 58/6 1. Teil und 58/10 2. Teil.
Gestatten Sie, dass ich ein Gnadengesuch einreiche.
Als Kind einer Arbeiterfamilie wurde ich am 5.11.1919 in München geboren. Mit dem 10. Lebensjahr trat ich der Kommunistischen Jugend bei, von 1927–1935. 1935 wurde ich wegen illegaler Arbeit in Bad Aibling von einem faschistischen Gericht abgeurteilt zu 7 Monaten Gefängnis u. anschließend ins Konzentrationslager gebracht, aus dem ich 1945 in amerikanische Gefangenschaft kam u. nach 8 Tagen der Sowjetunion übergeben wurde.
Von 1945 bis 1949 befand ich mich in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. In der DDR arbeitete ich 3 Monate bei der AG Wismut, anschließend als Bäcker in Hoyerswerda. Als Volkskorrespondent betätigte ich mich für die Sowjetunion und die DDR. Meine Bewerbung bei der Volkspolizei wurde wegen Personalnachweises und fehlender Bürgen abgelehnt.
In meiner Strafsache bitte ich, meine Ausführungen zu berücksichtigen. In meiner Unüberlegtheit machte ich 2 Zeichnungen u. schrieb 2 Artikel, deren Inhalt von ehemaligen Kriegsgefangenen ausgesagt wurde. Dieses Material kam nicht an die Öffentlichkeit und wurde nicht als Spionage verwandt. Da ich in der DDR eine Frau u. ein Kind von 6 Monaten habe, beabsichtige ich zu heiraten und als Arbeiter im Sinne der Demokratie zu leben. Ich hatte keine Verbindung nach Westen. War kein Soldat, habe nicht gegen die Sowjetunion gekämpft. Meine begangene Straftat ist die Zeichnung u. die Artikel, eine weitere Ausführung erfolgte nicht.
Ich sehe ein, einen Fehler begangen zu haben und bereue denselben. Ich sehe ein, dass ich durch diese Tat vom richtigen Weg abgewichen bin. Da ich den aufrichtigen ehrlichen Willen habe, auf den richtigen Weg zurück zu kommen bitte ich Sie, die verhängte Todesstrafe in eine Freiheitsstrafe umzuwandeln.
Ich flehe Sie an: „Machen Sie von ihrem Begnadigungsrecht Gebrauch.“
Ermöglichen Sie mir die Hoffnung, ein neues Leben zu beginnen.
Dresden, den 23.1.1951
Stegerer Albert
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