„Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken …“

Urteile sowjetischer Militärtribunale (SMT) in Dresden

An das Präsidium
   des Obersten Sowjet
      der UdSSR
      
 
      Gnadengesuch
      
   Durch meine schwere Krankheit in den Jahren 1948 und 1949, ich hatte einen Nervenzusammenbruch und eine Lungentuberkulose, beging ich das schwere Vergehen und begab mich Ende November 1949 zu dem Sender Rias nach West-Berlin. Irregeleitet durch die Propaganda dieses Senders dachte ich, es wäre für eine gute Sache, dadurch unterstützt, dass ich in West-Berlin die vollen Fensterläden der Kaufläden sah, wurde ich in meinem Glauben an diese angeblich gute Sache bestärkt.
Nicht nur allein diese Propaganda des Senders Rias und die vollen Schaufenster brachten mich auf diesen falschen Weg, den ich einschlug, schon die ganze Erziehung der Nazizeit und die falsche Politik, die bei uns in der Stadtbezirksgruppe der LDP von dem Stadtgruppenleiter Goltzsch eingeschlagen wurde und die sich nur gegen die demokratische Neuordnung in der DDR richtete, trugen dazu bei, dass ich diesen verhängnisvollen Weg einschlug. Aufgehetzt durch die Propaganda des Westens und noch nicht wieder völlig gesund, sowie die falsche Politik des Bezirksleiters in unserer Stadtbezirksgruppe begab ich mich zu dem Sender Rias und fragte dort, ob ich Beiträge bringen könnte. Beiträge zu irgendwelchen Sendungen, die im Rias gesendet werden. Man sagte mir zu und bat mich, dass ich Beiträge von Betriebsversammlungen, Einwohnerversammlungen und von der Stimmung der Bevölkerung bringen könnte. Außerdem wurde ich gebeten, Broschüren oder Zeitschriften, die in Leipzig oder Sachsen gedruckt werden, für das Archiv des Senders zu besorgen. Ich sagte dem zu, ich wollte versuchen, das Gewünschte zu besorgen.
Ende Dezember 1949 hatten wir von der LDP eine Weihnachtsfeier, auf dieser teilte ich den Mitangeklagten Lange, Moritz und dem flüchtigen Rainer Schott mit, dass ich die Verbindung mit dem Sender Rias hätte. Sie sagten mir ihre Unterstützung zu, sie wollten mir helfen, Beiträge dieser oben angeführten Art zu bringen. Im Januar 1950 trafen wir uns und besprachen diese Angelegenheit näher.
In der Zeit bis zum April 1950 bekam ich von Lange 2 mündliche Mitteilungen und einige Broschüren des Gewerkschaftsbundes, die in Leipzig gedruckt wurden. Im Juli 1950 fuhr ich wieder einmal nach Berlin und sprach bei dem Sender Rias vor. Dort gab ich einige Broschüren und Zeitschriften ab.
Eine Frau Sanders, mit der ich an dem Tag verhandelte, sagte mir: Wenn ich etwas von Truppenansammlungen oder dem Charakter der Volkspolizei mitteilen könnte, so könnte ich dies ruhig angeben. Ich erwiderte darauf: dass mich diese Sachen nicht interessieren. Mir war klar, dass diese Sache, Spionage gegen die Sowjetunion darstellt. Und gegen die Sowjetunion wollte ich nicht arbeiten, erst recht wollte ich keine Spionage, weder gegen die Sowjetunion noch gegen die DDR, treiben. Denn mir war bekannt, dass Spionage schwer bestraft wird. Außerdem wusste ich, dass solche Angaben nicht für Sendungen gebraucht wurden, sondern einem Geheimdienst der westlichen Staaten zugeführt werden sollten. Ich war nicht gewillt, diesen Staaten zu dienen und wollte ihnen nicht als Spion dienen. Aus diesen Gründen habe ich diese Aufträge nicht für voll angesehen und auch nie ausgeführt.
Was die Beiträge aus den Versammlungen und das Besorgen von Broschüren aus Leipzig und Sachsen betrifft, so habe ich das nicht als Spionage betrachtet. Denn wenn ich derartige Sachen zum Rias geschickt habe, so sind das keine Geheimnisse der DDR oder der UdSSR gewesen. Diese Sachen, die ich zum Rias geschickt habe, sind der Bevölkerung bekannt gewesen. Auch die geschickten Broschüren waren in der Öffentlichkeit käuflich zu erwerben. Aus diesem Grund habe ich diese Tätigkeit nicht als Spionage erkannt. Mir war es nicht bekannt, dass auch diese Tätigkeit als Spionage bestraft wird und ich bereue meine Tat auf das Tiefste. Und ich betone noch einmal, dass ich nie die Absicht hatte, Spionage gegen die UdSSR oder die DDR zu treiben. Denn wenn ich dies gewollt hätte, so hätte ich die Aufträge angenommen oder ausgeführt.
Verhetzung und feindliche Propaganda führten mich auf diesen falschen Weg, den ich auf das Tiefste bereue. Dazu kommt noch die noch jugendliche Unerfahrenheit im politischen Leben und die fehlende Führung in eine rechte Bahn. 
Ich bitte daher das Präsidium des Obersten Sowjet der UdSSR aufgrund meiner Jugend und proletarischen Herkunft sowie Unerfahrenheit um Gnade und Revision des Todesurteils in eine Freiheitsstrafe.
 
Hochachtungsvoll
                                Karl-Heinz Döring

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