Zeittafeln
Hier finden Sie eine Chronologie historischer Ereignisse in der Sowjetunion, der SBZ/DDR und Sachsen, die im Zusammenhang mit Urteilen sowjetischer Militärtribunale in Dresden stehen.
Das Staatliche Verteidigungskomitee unter Stalin fasst den Beschluss Nr. 8377ss über die Einrichtung von Stellvertretern für zivile Angelegenheiten bei den Frontoberbefehlshabern. Sie sind gleichzeitig als Bevollmächtigte des NKWD für den Kampf „gegen Spione, Diversanten und andere feindliche Elemente“ tätig. Zur Erfüllung dieser Aufgabe sind so genannte „operative Gruppen“ aus Mitarbeitern der Sicherheitsorgane zu bilden sowie Gefängnisse und Lager für die Verhafteten zu errichten.
Der Rat der Volkskommissare der UdSSR unter Vorsitz von Josef Stalin ordnet die Errichtung der Sowjetischen Militäradministration zur Leitung der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland an (SMAD). Sie hat die Aufgabe, die Einhaltung der Kapitulationsbedingungen zu kontrollieren, die eigene Besatzungszone zu verwalten und die Beschlüsse des Alliierten Kontrollrates durchzusetzen. Zum Obersten Chef der SMAD wird der Oberbefehlshaber der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland, Marschall G. Schukow ernannt. Zum Stellvertreter für Zivilverwaltung wird der Kommissar für Staatssicherheit Iwan A. Serow ernannt.
Der Oberste Chef der SMAD ordnet mit Befehl Nr. 3 die Abgabe aller Waffen und Munition sowie sonstigen Kriegsgeräts bis zum 23. Juni 1945 an. Illegaler Waffenbesitz wird in der Folge durch sowjetische Militärtribunale oft drastisch bestraft.
Der Oberste Chef der SMAD ordnet mit Befehl Nr. 5 „Über die Einrichtung von Dienststellen der Chefs der Sowjetischen Militärverwaltung und ihrer Stellvertreter in Zivilangelegenheiten in den Provinzen und föderalen Ländern“ die Bildung von Länderadministrationen an. Die Sowjetische Militäradministration für das Land Sachsen (SMAS) nimmt ihren Sitz zunächst in den Schlössern Albrechtsberg, Lingnerschloss und Schloss Eckberg auf der Bautzner Straße 130 Dresden. Zum Chef wird der Befehlshaber der 1. Garde-Panzerarmee, Generaloberst Michail Katukow, ernannt. „Stellvertreter für zivile Angelegenheiten“ wird Generalmajor Dmitri Dubrowski.
Im Potsdamer Abkommen kommen die drei Siegermächte Sowjetunion, USA und Großbritannien überein, dass diejenigen, die an der Planung oder Verwirklichung von NS-Verbrechen mitwirkten, zu verhaften und dem Gericht zu übergeben sind. NS-Parteifunktionäre, einflussreiche Nazianhänger, Leiter nazistischer Ämter und Organisationen und „alle anderen Personen, die für die Besetzung und ihre Ziele gefährlich sind“, sind zu verhaften und zu internieren (Artikel III.A.5 des Abkommens).
Der Oberste Chef der SMAD legt mit Befehl Nr. 42 fest, dass sich alle früheren Angehörigen der deutschen Armee ab dem Dienstgrad Leutnant aufwärts, die früheren Angehörigen von SA und SS, alle Mitglieder der NSDAP sowie Gestapo-Mitarbeiter bis zum 25. September 1945 bei den örtlichen sowjetischen Militärkommandanturen zu registrieren haben.
Der Alliierte Kontrollrat erlässt das Kontrollratsgesetz Nr. 4 über die „Umgestaltung des Deutschen Gerichtswesens“. Es entzieht den deutschen Gerichten unter anderem die Zuständigkeit bei strafbaren Handlungen, die sich gegen die alliierten Besatzungsstreitkräfte richten sowie bei strafbaren Handlungen, die von Nationalsozialisten oder von anderen Personen begangen wurden, und die sich gegen Staatsangehörige der alliierten Nationen oder deren Eigentum richten. Auch Versuche zur „Wiederherstellung des Naziregimes oder zur Wiederaufnahme der Tätigkeit der Naziorganisationen“ fallen nicht in die Zuständigkeit von deutschen Gerichten.
Bei der Nationalratswahl in Österreich bleibt die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) weit hinter den Erwartungen und erzielt nur knapp fünf Prozent der Stimmen. Die sowjetische Führung kommt in der Analyse unter anderem zu dem Schluss, die Sozialdemokraten in der SBZ durch eine Vereinigung mit den Kommunisten als eigenständige Kraft auszuschalten.
Bei der SMAD wird mit SMAD-Befehl Nr. 0101 eine Militärstaatsanwaltschaft errichtet.
Mit Befehl Nr. 160 verfügt der Oberste Chef der SMAD die Bestrafung von Personen, die den wirtschaftlichen Wiederaufbau sabotieren. Nach dem Befehl werden auch Menschen verfolgt, die sich der sowjetischen Wirtschafts- und Agrarpolitik in der SBZ widersetzen.
Der Alliierte Kontrollrat erlässt das Kontrollratsgesetz Nr. 10 über die „Bestrafung von Personen, die sich Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen den Frieden oder gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben“. Es berechtigt die Besatzungsmächte, entsprechende Straftaten innerhalb ihrer Besatzungszonen vor ihre eigenen Gerichte zu bringen.
Der Oberste Chef der SMAD überträgt mit Befehl Nr. 0128 Militärtribunalen die Zuständigkeit für Verfahren nach dem Alliierten Kontrollratsgesetz Nr. 10.
Der Alliierte Kontrollrat erlässt die Direktive 24 über die „Entfernung von Nationalsozialisten und Personen, die den Bestrebungen der Alliierten feindlich gegenüberstehen, aus Ämtern und verantwortlichen Stellungen“. Sie wird in der SBZ allerdings erst Ende des Jahres durch entsprechende Befehle der SMAD zur Anwendung gebracht.
Auf Initiative und unter massivem Druck der sowjetischen Besatzungsmacht vereinigen sich in der SBZ die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Die SPD wird als eigenständige politische Kraft ausgeschaltet. Sozialdemokraten, die sich der Vereinigung widersetzen oder ihr kritisch gegenüberstehen, werden sowohl vor der Vereinigung als auch danach unter anderem durch sowjetische Militärtribunale verurteilt.
Bei einem Volksentscheid über die Annahme des „Gesetzes über die Übergabe von Betrieben von Kriegs- und Naziverbrechern in das Eigentum des Volkes“ in Sachsen stimmen 77,6 Prozent der Beteiligten mit „Ja“. Das angenommene Gesetz ist Teil der geplanten sozialistischen Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse. Während einer immensen Propagandakampagne im Vorfeld des Entscheids sowie der Enteignungen in dessen Folge kommt es auch zu Verhaftungen und anderen Repressionsmaßnahmen gegen Kritiker des Gesetzes.
Das Politbüro des ZK der KPdSU beschließt, die operativ-geheimdienstliche und Ermittlungstätigkeit in der SBZ im Ministerium für Staatssicherheit der UdSSR (MGB) zu konzentrieren. Verhaftungen sind ab sofort dem MGB vorbehalten. Agenten, Erkenntnisse, Personal und Gefängnisse sind vom Ministerium für innere Angelegenheiten (MWD) an das MGB zu übergeben. In der Verantwortung des MWD verbleiben die Gefängnisse für Verurteilte, die Speziallager und die Bewachung der Transporte von Gefangenen.
Kommunal- und Landtagswahlen in der SBZ. Die aus der Vereinigung von Kommunistischer Partei Deutschlands (KPD) und Sozialdemokratischer Partei Deutschlands (SPD) hervorgegangene Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) wird in Sachsen vor der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDP) und der Christlich Demokratischen Union (CDU) zwar stärkste Partei, erreicht jedoch nicht die absolute Mehrheit.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR erlässt das Dekret „Über die Abschaffung der Todesstrafe“. An die Stelle der Todesstrafe tritt „für die Friedenszeit“ „Einschließung in ein Besserungsarbeitslager für die Dauer von 25 Jahren“.
Der Oberste Chef der SMAD weist mit dem Befehl Nr. 201 den deutschen Verwaltungen für Inneres und Justiz sowie den Länderregierungen die Durchführung von Verfahren zur Bestrafung der NS- und Kriegsverbrechen an, die in den Kontrollratsdirektiven Nr. 24 und Nr. 38 angeführt sind. Dies bedeutet, dass diejenigen, die die NS-Gewaltherrschaft in besonderem Maße gefördert oder die beispielsweise Verbrechen gegen Juden, KZ-Häftlinge oder Behinderte begangen haben, durch deutsche Gerichte zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Die Bestrafung von Vergehen gegen das Besatzungsregime sowie von Verbrechen gegen Sowjetbürger in NS-Deutschland oder den besetzten sowjetischen Gebieten obliegt auch weiterhin den sowjetischen Militärtribunalen. In der Folge legen deutsche Ermittlungsbehörden der sowjetischen Besatzungsverwaltung zahlreiche Fälle zur Entscheidung darüber vor, ob diese durch deutsche oder sowjetische Gerichte abgeurteilt werden sollen.
SMAD-Befehl Nr. 35 verkündet das Ende der Entnazifizierung in der SBZ. Die Entnazifizierungskommissionen haben bis zum 10. März ihre Arbeit niederzulegen. Der Schlussstrich zielt darauf ab, „die gesellschaftliche Basis der SED-Diktatur zu verbreitern und die Leistungsfähigkeit der ostdeutschen Wirtschaft zu stärken“ (Clemens Vollnhals). Eine Rückkehr in leitende Position bei Polizei und Justiz bleibt ehemaligen aktiven NSDAP-Mitgliedern jedoch in der Regel verwehrt.
Der Parteivorstand der SED bestätigt auf seiner 12. Tagung die „Instruktion zur organisatorischen Festigung der Partei und über die Entfernung feindlicher Elemente aus der Partei“. Als solche gelten „Personen, die antisowjetische Propaganda treiben, Personen, die ihre Mitgliedschaft in der NSDAP verschwiegen haben; Personen, die im Verdacht stehen, für die SPD zu arbeiten“. Der Kampf gegen die sogenannten Schuhmacher-Agenten, grundsatztreue Sozialdemokraten, denen der Vorsitzende der SPD in West-Deutschland, Kurt Schuhmacher, Orientierung bot, wird verschärft.
Auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) wird die Deutsche Demokratische Republik (DDR) gegründet.
In der DDR findet die erste Wahl zur Volkskammer statt – verspätet und nicht als freie und geheime Wahl, sondern als Blockwahl. Dies bedeutet, dass nicht einzelne Parteien gewählt werden, sondern eine Einheitsliste, in der die Stärke der verschiedenen Fraktionen bereits festgelegt ist. Nach offiziellen Angaben liegt die Wahlbeteiligung bei 98,53 Prozent und 99,72 Prozent der Teilnehmer stimmen der Einheitsliste zu. Öffentliche Proteste gegen die Scheinwahl werden vor und nach der Wahl auch mithilfe von Verfahren vor SMT unterdrückt.
Die Tageszeitung „Neues Deutschland“ berichtet über eine Verhandlung des Militärtribunals der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland (Feldpostnummer 48240). Am 17. Dezember 1950 waren 21 Angeklagte aus Sachsen und Thüringen der Spionage für einen amerikanischen Nachrichtendienst beschuldigt und zum Tode bzw. zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Die Veröffentlichung von SMT-Urteilen und die Presseberichterstattung über Verhandlungen dienten überwiegend der Propaganda sowie der Abschreckung und blieben auf wenige Fälle beschränkt.
Das Politbüro des Zentralkomitees der Allunions-Kommunistischen Partei (Bolschewiki) beschließt Maßnahmen „Zur Verbesserung der Arbeit der sowjetischen Militärtribunale in Deutschland“. Der Beschluss ist bislang nur in einer Entwurfsfassung vom 20. November 1951 zugänglich. Danach geht es insbesondere um Abgrenzungen der Zuständigkeit von SMT und DDR-Gerichten bei von Deutschen begangenen Verbrechen, um Fragen in Bezug auf das per SMT-Urteil konfiszierte Eigentum der Verurteilten sowie um Auskünfte an Verwandte inhaftierter deutscher Verurteilter.